Eine individuelle Rundreise durch Lettland, Litauen und Estland (Baltikum)
Was fängt man mit vier freien Tagen und einem langen Wochenende am besten an?! Die Wohnung putzen oder doch nur die Fenster? Den Keller ausräumen oder vielleicht doch ein Besuch bei den Eltern (oder gar bei den Schwiegereltern)? Nein! In vier Tagen bereist man die drei Hauptstädte der baltischen Länder – Riga, Vilnius und Tallinn (Baltikum).
Wir zeigen euch nachfolgend, wie ihr ohne Stress und Hektik die drei Länder mühelos bereisen könnt und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten erlebt, die die Hauptstädte Riga, Vilnius und Tallinn bieten. Zudem gibt es hier und da den ein oder anderen Tip und Trick. Alles ohne Reiseführer und Reisegruppe. Völlig frei und individuell und das Wichtigste – von uns getestet und erprobt (einem reiselustigen Pärchen mit Budget- und Zeitbeschränkungen).
Das rustikale Riga
Los ging es mit der ersten Station in Riga. Dort landete unsere Maschine von Air Baltic gegen 22 Uhr an einem Mittwochabend. Auf das Gepäck mussten wir nicht warten, da wir mit Rucksäcken unterwegs waren (alles andere wäre für diese Reise sinnlos und hinderlich) und konnten so direkt durch den kleinen Flughafen zum nächsten Kiosk (Narvesen) laufen und uns für je 1,15€ Bustickets besorgen mit denen wir in die Stadt fuhren – noch nie war ein Shuttle vom Flughafen zum Hotel günstiger.
Als Unterkunft hatten wir uns das Hotel Viktorija ausgesucht. Es bot die perfekte Balance zwischen Preis und Lage. Man darf bloß keinen hohen Anspruch auf die Unterkünfte im Baltikum erheben. Nachdem wir eine Hälfte der Bettwäsche wechseln mussten aufgrund von Flecken, konnten wir uns mit dem Zimmer für zwei Nächste arrangieren. Bei einem Preis von 30,-€ pro Nacht (pro Zimmer) inkl. Frühstück konnte man wahrlich nicht meckern. Im Nachhinein war das Hotel Viktorija in Riga das zweitbeste der gesamten Reise (oder das zweitschlechteste – wie man es betrachtet).
Los ging es nun am Donnerstag ganz entspannt nach dem Frühstück gegen 11 Uhr zu Fuß ins Stadtzentrum und die Altstadt. Unser erstes Ziel war die Petrikirche. Hier tummelten sich schon die ersten Reisegruppen, um diese beeindruckende dreischiffige Basilika besichtigen zu können. Für 9,-€ ist ein Aufstieg zum Turm möglich, den wir an dieser Stelle (glücklicherweise) nicht auf uns nahmen. Dazu später mehr. Stattdessen ging es weiter fußläufig durch die schöne Altstadt zum Dom zu Riga – der größten baltischen Kirche. Auf dem Weg zur Promenade am Strom Düna führte unser Weg uns noch am Rigaer Schloss vorbei – Sitz der lettischen Präsidenten.
Entlang der Promenade spazierten wir, vorbei am Großen Christopherus („Lielais Kristaps“) – einer Rigaer Legende, Richtung der Lettischen Akademie der Wissenschaften mit dem beeindruckenden Fernsehturm TV Tower 2.0 im Hintergrund. Das Hochfahren zur Aussichtsplattform in der Lettischen Akademie der Wissenschaften lohnt sich doppelt und dreifach. Die Kosten halten sich mit 5,-€ im Rahmen (vergleiche dazu die Petrikirche mit 9,-€). Zudem war die Plattform, die einen schönen Rundumblick ermöglicht, menschenleer. Ein nicht unwesentlicher Punkt ist zudem das kostenlose WC oben. Von dort oben konnten wir auch unser nächsten Ziel, den Zentralmarkt, ausfindig machen.
Der Zentralmarkt besticht durch seine Farben, Trubel, Gerüche und Vielfalt. Das Entlangspazieren ist wahrlich ein Genuss, um diese vielen Eindrücke aufnehmen zu können. Anschließend ging es weiter zur Geburtskathedrale, einer beeindruckenden Russisch-Orthodoxen Kirche mit ihren charakteristischen goldenen Kuppeln. Von diesen vielen Eindrücken mussten wir uns bei einem Bier und einem Kaffee zusammen mit einem leichten Snack in einem nahegelegenen Cafè im Park erholen – bei einem fabelhaften Wetter.
Anschließend ging es zum nahen Freiheitsdenkmal als Symbol für die nationale Unabhängigkeit Lettlands. Durch einen wunderschön angelegten Park mit Fluss liefen wir weiter zum Pulverturm – heute das Lettische Kriegsmuseum, welches wir uns ersparten (trotz kostenlosem Eintritt). Den Tag ließen wir schlussendlich im Restaurant Rozengrals ausklingen. Ein sehr authentisches Lokal im Kellergewölbe mit knackigen Preisen. Leider was das Essen nicht unser Geschmack. Somit war unser Besuch in Riga auch schon vorbei – nach rund 10 Kilometern und 8 Stunden an diesem Tag ging es ins Hotel und am nächsten Tag früh raus.
Das vollkommene Vilnius
Um unseren Flug, der um 7:35 Uhr mit Air Baltic Richtung Vilnius ging, erreichen zu können, mussten wir früh raus aus dem Hotel. So verpassten wir das Frühstück im Hotel. Da wir aber durch unsere Kreditkartenkonditionen Zugang zu Lounges in den Flughäfen haben, konnten wir ganz entspannt im Flughafen frühstücken und auf den Flug warten. Nach ca. einer Stunde landeten wir dann auch in Vilnius und besorgten uns zwei Bustickets Richtung Stadt.
Da es noch recht früh war und wir nicht einchecken konnten besuchten wir schon einmal die ersten Sehenswürdigkeiten. Die Vilniusser Kathedrale St. Stanislaus war unser erster Halt. Die beeindruckende Hauptkirche am Kathedralenplatz ist einer der Haupthingucker der gesamten Stadt. Weiter ging es zum Gediminas-Turm auf dem über 140 m hohen Stadthügel. Von dort aus bekommt der Besucher einen schöne Rundumblick auf die Stadt und sieht schön den Kontrast zwischen der Altstadt und den neuen, modernen Bauten.
Nun war es Zeit die Rucksäcke abzulegen und unser Zimmer im Hotel Budget Central zu beziehen. Dieses befindet sich ziemlich zentral auf der Gedimino Prospektas – eine der Hauptstraßen in Vilnius mit vielen Läden und Restaurants. Das Beste am Hotel war seine Lage und das Personal. Alles andere war am Existenzminimum (Betten durchgelegen, kein warmes Wasser morgens, Toilette lose etc.). Zum Glück waren wir nur eine Nacht dort untergebracht. Nach dem Einchecken in diesem Hostel für Arme ging es entlang der Gedimino Prospektas zur nächsten Station – einem Secondhand-Shop namens De’Žavu Vintage Boutique. Sehr cooler Laden, wo direkt ein Kleid abgegriffen wurde.
Vorbei an der Kirche der heiligen Katharina (Kirchen gibt es derweil sehr viele im Baltikum) ging es ins Vilnius Museum of Illusions. Die 10,-€ Eintritt sind hier mehr als gut investiert. An verschiedenen Stationen kann der Besucher Sachen ausprobieren, staunen und sich täuschen lassen. Zudem gibt es viele Möglichkeiten die visuellen Täuschungen auf Kamera festzuhalten oder selbst zu einer zu werden. Also Kamera an und viel Vergnügen.
Weiter ging es zum Rathausplatz samt Rathaus. Eine Nebenstraße, Stikliai Straße, bietet viele kleine Lädchen und Lokale zum Stöbern und Verweilen. Wandert man weiter Richtung Süden, kommt man zum wichtigsten Kulturdenkmal von Vilnius – dem Tor der Morgenröte. Dies war früher ein wichtiger Wallfahrtsort für Christen. Heute ist es ein beliebtes Fotomotiv. Weiter ging es zu den Überresten der Stadtmauer. Barbakans Bastion der Stadtmauer von Vilnius zeigt sich den Touristen im völlig restaurierten Zustand und lässt so erahnen, wie es im 16. Jahrhundert ausgesehen haben mag.
Bevor es zum Abschluss des Tages (und des Besuches in Vilnius) ging, wurde noch ein Halt beim Präsidentenpalast gemacht. Dort führten die Soldaten einen Flaggenwechsel vor dem Gebäude durch. Danach machten wir uns ins Restaurant Forto Dvaras. Das Lokal wirkt wie ein typischer Touristenmagnet, überzeugt aber durch eine tolle Küche und Gerichte sowie sehr moderate Preise. Ein perfekter Abschluss des Besuchs in Vilnius, das uns vor allem durch seine Sauberkeit und die wirklich schön restaurierte Altstadt gefiel.
Das teure Tallinn
Morgens ging es wieder mit dem Bus zum Flughafen und erst einmal in die Lounge zum Frühstücken. Nach einem kurzen Flug landeten wir kurz nach 10 Uhr morgens in Tallin. Auch hier war die Busverbindung in die Stadt super (für wenig Geld) und nach einer kurzen Fahrt waren wir auch mittendrin.
Wir begannen unseren Aufenthalt in Tallinn mit einem Spaziergang zum Rathausplatz. Hier war der Touristenansturm immens und wir liefen weiter zum St.-Katharinen-Kloster am berühmten Katharinengangs. Dieser ist sehr gerne von Touristen besucht und zeichnet sich durch Querstreben aus, die die Gasse überspannen. Weiter ging es zum berühmten Viru-Tor, das quasi den Eingang zur Altstadt darstellt und sehr oft die touristischen Schnappschüsse prägt.
Zu unserem Hotel kamen wir über die Pikk – eine lange Straße innerhalb der Altstadt, die geprägt ist durch alte Bauten mit Geschichte, u.a. sind da viele ehemalige Gildenhäuser früherer Kaufleute aufgereiht. Unser Hotel, das Gotthard Residents, lag am Ende der Pikk und passte sich nahtlos an die Architektur der Stadt an. Das Hotel hat uns sehr gut gefallen in diesen alten Mauern, da es renoviert war und zu unserer Überraschung auch einige Zimmer Zugang zur Terrasse hatten – wie unseres u.a.
Nachdem wir unsere Sachen im Hotel lassen konnten, zogen wir weiter zum Domberg (Toompea) und der sich dort befindenden Oberstadt. Früher gab es eine Trennung zwischen Ober- und Unterstadt. Heute verläuft der Übergang fließend. Auf dem Domberg findet man als Besucher selbstverständlich die Burg Tallinn sowie den Sitz des Parlaments. Ferner gibt es dort oben im nördlichen Teil zwei schöne (wenn auch kleine) Aussichtsplattformen, die einen schönen Blick auf die Unterstadt und den Hafen ermöglichen.
Nach dem Abstieg vom Domberg fanden wir uns in einem kleinen Café/ Bar (Babulja) südlich der Altstadt ein und verweilten in der Sonne auf der aufgebauten Terrasse bei einem kühlen Bier und einem Moscow Mule. Auf dem Weg wieder zurück zum Hotel durchliefen wir das Rotermann Viertel. Mit modernen Bauten für Geschäfte und Restaurants quasi das Tallinn des 21. Jahrhunderts. Es war eine schöne Abwechslung zum historischen Stadtkern die sich östlich der Altstadt befindende moderne Entwicklung der Stadt zu sehen.
Nach einem kurzen Aufenthalt im Hotel und dem Prozess des Sich-frisch-machens, schlenderten wir entspannt und ausgeruht durch die Gassen der Altstadt auf der Suche nach einem Restaurant für unseren letzten Abend nicht nur in Tallinn, sondern auch im Baltikum. Dabei war es gar nicht so einfach etwas Bezahlbares zu finden sowie nichts Überlaufenes. Die Preise in Tallinn sind – Dank an die finnischen Tagestouristen – auf jeden Fall ein ganzes Stück höher als in Vilnius oder Riga. Ferner ist es gerade auf den Hauptstraßen rund ums Rathaus schwer nicht in eine Touristenbude zu stolpern.
Doch wir hatten Glück. Im Schatten des Rathauses und des großen und überlaufenen Olde Hansa Restaurants fanden wir das schicke und kleine Restaurant Kvartal. Wir waren zunächst etwas skeptisch, da wir die einzigen Gäste waren (einerseits will man in keinem vollen Restaurant essen, aber andererseits auch nicht der einzige Gast sein…). Doch dies verflog ziemlich schnell. Denn unsere Bäuche füllten sich wie das Kvartal und das Essen (sowie die Bedienung) waren überragend gut. Ich habe dort z.B. den besten Lachs meines Lebens gegessen.Ein absolut empfehlenswertes Lokal ohne überteuerte Preise.
Für den Sonntag gab es noch ein kleines Programm, da wir erst am Abend zurück nach Hause flogen. Wir verließen unser Hotel Richtung Norden und kamen zum Hafen. Dieser ist leider wenig touristenfreundlich und ziemlich trostlos. Dennoch waren wir überwältigt von einem Betonkomplex aus früheren sowjetischen Tagen, nämlich der Tallinna Stadthalle (Tallinna Linnahall) – einer Mehrzweckhalle für Kultur- und Sportveranstaltungen. Dieses einem Bunker ähnliche Konstrukt und seit Jahren dem Verfall preisgegeben ist in seiner Hässlichkeit beeindruckend und abstoßend zugleich. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Als Kontrast zur Altstadt und dem modernen Rotermann Viertel bietet die Linnahall eine weitere Facette der Stadt Tallinns. Nämlich die der sowjetischen Zeit.
Was wir tags zuvor versäumten, holten wir nun am Sonntag nach. Wir aßen ein Stück leckeren Kuchens in dem ältesten Kaffee Estlands und zwar dem Maiasmokk Café. Auf der Pikk gelegen zieht es Touristen an wie Licht die Motten. Somit reicht auch die Zeit eines Kuchenstücks, um dort zu verweilen. Dann zieht man aber ob des Trubels am besten weiter.
Unsere letzte Station lag passenderweise auch an der Bushaltestelle zurück zum Flughafen und neben dem Einkaufszentrum Viru Keskus sowie im Hotel Viru. Nicht ganz leicht zu finden ist das KGB Museum in Tallinn. Es befindet sich nämlich im Hotel Viru auf zwei Etagen verteilt und es ist eine vorherige Anmeldung an der Hotelrezeption nötig (am besten mindestens einen Tag vorher). Es sind auch leider keine Beschilderungen außerhalb vorhanden. Als Besucher muss man eben wissen, dass sich das KGB Museum innerhalb des Hotels befindet. Es ist quasi der einzige Bereich des Hotels, der nicht saniert worden ist und noch immer so erhalten ist wie zu den Sowjetzeiten. Denn in der Vergangenheit wurde das Hotel durch das KGB von oben bis unten durchspioniert. Auf der kurzweiligen Führung erfährt man die geschichtlichen Hintergründe sowie unterhaltende Stories vergangener Tage – für 12,-€ und 60 Minuten Zeitaufwand. Die Tour ist auf jeden Fall zu empfehlen und bot einen gelungenen Abschluss unserer Baltikumreise.