Helgoland – Das 17. Bundesland
Deutschland hat bekanntlich 16 Bundesländer. Streng genommen müssten es aber eigentlich 17 sein. Denn mit Helgoland (der einzigen Hochseeinsel Deutschlands) zählt ein ganz besonderer Ort zu Schleswig-Holstein, der es eigentlich verdient hätte, sein eigenes Bundesland zu sein. Warum das so ist und warum Helgoland bis jetzt der einzige Ort auf der Welt ist, den ich zweimal besuchte, wollen wir euch mit dem nachstehenden Bericht näher bringen.
Anreise
Um nach Helgoland zu kommen gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten (wenn man Schwimmen nicht berücksichtigt). Mit der Fähre benötigt man ab Cuxhaven ca. 2,5 Stunden um nach Helgoland zu gelangen. Reisetabletten werden hier dringend empfohlen. Mit dem Katamaran ist man in der Hälfte der Zeit am Ziel. Mit dem Flugzug ist es nur ein „Luftsprung“ von 20 Minuten. Unsere Empfehlung ist der Katamaran „Halunder Jet“ der FRS Helgoline. Wer mit dem Auto nach Cuxhaven anreist, hat mehrere Optionen seinen Wagen sicher abzustellen. Wir nutzen den Parkservice Fehlau und können diesen nur empfehlen.
Geschichte
Um die Gegenwart besser einordnen zu können bedarf es des Wissens über die Vergangenheit. So oder so ähnlich beschrieb mein früherer Geschichtslehrer den Sinn des Geschichtsunterrichts. Und der gute Mann hatte recht. Um Helgoland richtig verstehen und schätzen zu lernen, muss man sich mit der Vergangenheit befasst haben. Am besten gelingt dies bei der Bunkerführung, die leider den meisten Tagestouristen verwehrt bleibt. Die Bunkerführung ist eine Pflichtveranstaltung, wenn man Helgoland besucht und wird durch einen lokalen Führer auf die helgoländische Art durchgeführt.
Helgoland selbst ist ca. seit 1300 als ein strategisch bedeutender Punkt aufgrund seiner Lage in der Nordsee bekannt. Der deutsche Jack Sparrow, Klaus Störtebeker, und andere Seeräuber suchten hier auch ihre Zuflucht. Über Jahre und Jahrhunderte wurde die Insel zwischen Dänemark und Deutschland hin- und hergezogen bis sie dann an die Engländer fiel. In der Zwischenzeit wurde die Landverbindung zwischen der Insel und der Düne bei der sogenannten Neujahrsflut in 1721 weggespült. Heute gelangt man mit Börtebooten in wenigen Minuten von Helgoland auf die Düne. Hier befinden sich u.a. weitere Unterkünfte, der Flugplatz sowie der Badestrand.
Im Jahr 1890 gelangte Helgoland wieder in den Besitz Deutschlands als Tausch gegen Ländereien in Afrika. Hier liegt auch der Ursprung der Zoll- und Steuerfreiheit Helgolands. Die Engländer befreiten die Insel von der Zoll- und Steuerpflicht, nachdem diese ihnen geholfen hatte die Wirtschaftsblockade Napoleons zu umgehen. Beim Übergang in deutschen Besitz behielt man diese Freiheit bei. Tradition muss sein.
Nun begann auch der lang gewünschte Ausbau Helgolands zum Stützpunkt der Deutschen Armee. Der Erste Weltkrieg kam. Dann die Nazis und mit ihnen der Größenwahn. Helgoland sollte der zentrale Kriegshafen der Wehrmacht werden und das Projekt Hummerschere wurde angekündigt. Noch heute kann man Überreste dieses Vorhabens vom Nordstrand erblicken, welches nie fertiggestellt worden ist.
Der Zweite Weltkrieg ging dem Ende zu und Helgoland wurde mehrfach durch die Alliierten mit Bombenhagel versehen. Nach Kriegsende 1947 wurden alle militärischen Anlagen sowie Waffen und Munition mit dem Big Bang zerstört. 6.700 Tonnen wurden in die Luft gejagt und die größte nicht-atomare von Menschen gewollte Explosion durchgeführt. Was nach Kriegsende übriggeblieben war wurde nun komplett zerstört. Drei Dinge blieben aber erhalten: Der Flakleitstand (heute als Leuchtturm in Nutzung), die Insel selbst und die Menschen. Allerdings mussten die Helgoländer während des zweiten Weltkrieges von ihrer Insel evakuiert werden und sie für einige Jahre verlassen. Erst 1952 dürfen sie wieder zurück nach Hause kehren.
Ober- und Unterland
Und da stehen wir nun auf diesem geschichtsträchtigen Boden. Verlassen gerade unseren Katamaran und begeben uns vom südlichen Hafen Richtung Zentrum. Das Erste was uns auffällt ist eine weitere Besonderheit Helgolands. Die Insel besitzt zwei Ebenen – das Ober- und das Unterland. Es gibt mehrere Möglichkeiten hoch- und runterzukommen. Treppen, stufenlose Wege oder auch einen kostenpflichtigen Fahrstuhl.
Charakteristisch für das Unterland sind seine bunten Hummerbuden. Hier finden vor allem Tagesgäste genügend Möglichkeiten ihr Geld loszuwerden (wenn sie nicht schon alles für Kippen, Alkohol oder Parfüm ausgegeben haben). Wir begnügten uns mit ein paar Fotos von diesem Highlight der Insel. Weiter nördlich gelangt man dann ins Zentrum mit der Touristeninfo (Karten für die Bunkerführung gibt es hier) und der Einkaufspassage. An jeder Ecke gibt es was zu Essen und Platz zum Unterkommen. Im Nordosten des Unterlandes finden sich noch das Kino, das Museum und das Schwimmbad.
Das Oberland ist ein wahrer Touristen-Hotspot. Empfehlenswert ist, hier nicht in der Stoßzeit seinen Rundgang zu machen, sondern entweder morgens oder am späten Nachmittag, wenn die Fähre wieder verschwunden ist. Der Rundweg ist mit Infotafeln versehen und liefert viel Hintergrundwissen. Bis zur Langen Anna, dem säulenartiger Felsen im Norden der Insel, passiert man auch den Lummenfelsen mit den Basstölpeln. Ganz besonders gestalten sich natürlich die Sonnenuntergänge auf Helgoland. Also warm einpacken und die Ruhe genießen.
Auf dem Oberland, das im Grunde eine einzige Kraterlandschaft ist, findet sich auch der Trichter einer 5.000 kg Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine schöne Aussicht bietet der Pinneberg. Die höchste Erhebung des Kreises Pinneberg (zu dem Helgoland gehört). Mit 61,3 m über dem Meeresspiegel gerade noch so machbar nach einem Rundgang über das Oberland.
Unterkünfte
Auf Helgoland stehen unterschiedliche Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sei es das klassische Hotel, Ferienwohnung oder auch Camping. Man hat die freie Wahl. Wir entschieden uns für einen Neubau (moderne Unterkünfte sind rar gesät) direkt in erster Reihe. Das Tor zum Meer (Wohnung 16) wurde es und es war ein Traum. Mit Blick auf das Meer und den Norden des Oberlandes. Wir wollten nach unserer Woche auf Helgoland die Unterkunft gar nicht mehr verlassen.
Düne
Bei gutem Wetter sollte das erste Boot Richtung Düne genommen und ein Tag Entspannung eingeplant werden. Die Überfahrt kostet wenige Euro und dauert eben solange in Minuten. Ein kleiner Spaziergang führt den Sonnenhungrigen zum schönen Südstrand. Wir reservierten uns einen Strandkorb. Bitte beachten: Strandkörbe werden in unmittelbarer Nähe zur Anlegestelle vermietet und nicht am Strand selbst.
Wer einen Tag am Strand genauso wenig wie ich aushalten kann, der kann sich die Beine vertreten und die Düne einmal ablaufen. Hier gibt es neben Seehunden und Kegelrobben viel Natur zu bewundern. Wer den Friedhof der Namenlosen findet, kann an Gedenken der Opfer auf hoher See die Glocke einmal läuten. Das Dünenrestaurant lädt ein zum Verweilen und zur Stärkung nach diesem Spaziergang – Urlaubsfeeling pur mit den Füßen im Sand und der Nase im Bierschaum.
Essen und Trinken
Helgoland bietet viele kleine Restaurants, die man aber auf jeden Fall vorab reservieren sollte. Auch, wenn Helgoland manchmal so wirkt wie ein Stadtteil in Essen (und ich meine nicht Rüttenscheid), kann man sehr gut speisen. Gerade die Fischgerichte, wie Pannfisch mit Bratkartoffeln und Senfsoße, darf man in verschiedenen Lokalen ausprobieren. Wer sich die Spezialität Knieper geben will (Scheren eines Taschenkrebses) muss ein bisschen Glück haben. Je nach Fanglage werden diese in Restaurants angeboten. Auch hier lohnt sich eine Nachfrage und Reservieren dieser Speise.
Durch unsere Ferienwohnung waren wir grundsätzlich Selbstverpfleger. Dennoch besuchten wir einmal das Aquarium Restaurant sowie das Mocca Stuben Restaurant. Beides sehr zu empfehlen. Als Digestif genehmigten wir uns einen Helgoländer Eiergrog in einer der Bars, die uns so sehr an den Ruhrpott erinnerten. Was der Tante gut tut kann uns doch nicht schaden?! Mit einem kühlen Bier bekommt man dieses warme Getränk aber dann auch runter.
Fazit
Helgoland ist keine schöne Insel. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Es bedarf Zeit und Geduld bis sich dieses Fleckchen Erde einem ins Herz schließt. Ist dies dann aber erfolgt, will man nicht mehr weg. Hat man den Zeitdruck und die Gehetztheit des Festlandes hinter sich gelassen und das Tempo der Insel angenommen entfaltet sich einem die wahre Schönheit Helgolands. Mit viel Natur, Ruhe und natürlich der Geschichte. Oant sjen.
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[…] eine Insel ist. Zumindest aus marktwirtschaftlicher Sicht. So unterscheidet sich Island nicht von Helgoland, wo die Nachfrage das knappe Angebot massiv überschreitet. Gerade bei den Unterkünften zahlt man […]