Anfang Juni 2023 durfte ich am Survival Training in Thüringen mit Ronny von Team-Survival teilnehmen. Was ich da erlebt habe und welche Herausforderungen es galt zu meistern, könnt ihr in den nächsten Zeilen lesen. Es ist nicht zu viel verraten, wenn ich sage, dass das ein einzigartiges Erlebnis war für jemanden, der als Kind (ebenfalls nicht ganz freiwillig) zwar mal im Zeltlager seine Sommerferien verbrachte, aber sonst die Natur eigentlich meidet.
Im August 2022 nahm eine unbeschwerte Geburtstagsfeier ein jähes Ende, als ich ein Geschenk meines Bruders und meiner Cousins auspacken durfte. Ein Gutschein für ein Survival Training im schönen Thüringen stand in Aussicht. Die Freude hielt sich bei mir in Grenzen. Wusste ich doch, dass ich auf den Ablauf keinen Einfluss nehmen konnte und mich mit reichlich Insekten plagen würde. Über das Schlafen draußen wollte ich erst gar nicht nachdenken.
Survival Training oder 16 vs. Wild
Egal, da ich uneingelöste Gutscheine noch weniger mag als Schlafsäcke, buchte ich direkt meinen Gutschein ein und sicherte mir ein Wochenende im neuen Jahr. An diesem Punkte hoffte ich einfach nur auf gutes Wetter. Als das Wochenende näher rückte, besorgte ich noch ein paar Outdoor-Klamotten mit Handschuhen, Schlafsack und Messer und hoffte, dass ich bereit sein würde für den Survival Trip. Um sicher zu gehen wurde noch 7 vs. Wild als letzte Vorbereitung geschaut und dann war es auch schon so weit.
Der Kurs findet auf dem Gelände unweit der Burg Gleichenstein in Wachstedt statt. Die Gruppe von 16 Personen war eine bunte Mischung aus Frauen und Männern; erfahrenen und unerfahrenen Überlebenskünstlern; aber auf jeden Fall eine coole Truppe mit der man ein paar Stunden im Wald verbringen kann. So ging es dann nach einer kurzen Vorstellungsrunde auch gleich rein in die Wissensvermittlung und die praktische Anwendung.
Navigation und Orientierung
Die erste Herausforderung bestand darin mit Hilfe von Kompass und Karte zu einem vorgegeben Spot zu gelangen. Diese Aufgabe meisterten wir als Gruppe mit Bravour. Zwar haben wir doppelt so lange gebraucht als eigentlich üblich gewesen wäre, aber am Ende zählt nur das Ergebnis und bei so einem herrlichem Wetter, was wir hatten, kann man auch mal paar Kilometer mehr durch den Wald marschieren.
Mit Infos zur Wasseraufbereitung, Orientierung anhand der Sonne sowie einem Schluck aus einem fließenden Bach ging es zurück zum Camp. Es wurde Zeit ein bisschen abzuhängen. Wir übten das Überwinden einer Schlucht, d.h. von einer Seite auf die Andere nur mit Hilfe eines Seils zu gelangen. Hier überkam einen wieder so eine erstaunliche Erkenntnis, dass vieles mit Technik und weniger mit Kraft zu bewerkstelligen ist.
Shelter und Feuer
Der Tag neigte sich dem Ende und der Nachmittag war im vollem Gange. Es wurde Zeit sich um seine Unterkunft für die Nacht zu kümmern – dem Shelter-Bau. Es schien, als ob ich der Einzige aus der Gruppe war, der überhaupt keine Ahnung hatte, was zu tun war. Nicht, dass die anderen zielgerichtet loslegten und sich ihre Premium-Apartments bauten. Nein, es kam noch der zeitliche Druck dazu fertig zu werden, wenn man nicht ungeschützt heute Nacht schlafen wollte. Gerade der Schutz vor dem Wind beschäftigte mich trotz der Trockenheit und der Wärme tagsüber.
Nach vielen Schimpfwörtern und noch mehr verzweifelten Schritten auf der Materialsuche, stand der Unterschlupf und ich war lange nicht mehr so stolz auf mich und diese grandiose Leistung. Das Ding, was mehr oder weniger stabil vor mir stand, war mein Platz zum schlafen für die kommende Nacht. Wenn der Shelter stabil bleibt die Nacht, dann nur, weil ich ihn gebaut habe. Wenn der Shelter zusammenbricht und ich erschlagen werde, dann nur weil ich ihn gebaut habe. Ein toller und auch gleichzeitig erschreckender Gedanke.
Die Nacht des Grauens
Keine Zeit zu grübeln. Es ging weiter und die Natur wartet nicht auf die Schwachen. Das nächste Highlight stand auf dem Programm. Das Feuermachen. Mit einem Feuerstein, kleinen Ästen und Baumrinde ging es ziemlich gut und im Nu wurde es warm unter meinen Händen. Das zweite Glücksgefühl an diesem Tag war sprichwörtlich entfacht. So versammelten wir uns am Lagefeuer, um zu Abend zu essen. Jeder hatte sich seine Speisen mitgebracht und ich ließ es mir nicht nehmen Marshmallows über dem Feuer zu brutzeln. Jetzt konnte ich mal glänzen und den Leuten erklären, was ein S`More ist.
Heuschrecken und Mehlwürmer konnten auch noch probiert werden und dann ging es auch schon völlig geschafft ins „Bett“. Der Shelter hielt und es war toll mit den ganzen Naturgeräuschen des Waldes einzuschlafen. Dennoch war es eine der schlimmsten Nächte meines Lebens und ich bin schon über 11 Stunden mit einem Magen-Darminfekt von Rio nach Frankfurt geflogen. Es war hart, es war kalt und es war eng. Trotzdem bin ich mit einem Lächeln aus meinem Schlafsack gekrochen und empfing die morgendliche Sonne – einfach nur herrlich.
Survival Training – das kickt
Also hieß es Zähneputzen, Kaffe kochen und in den ereignisreichen zweiten Tag starten. Es passierte noch einiges, wie u.a. die richtige Behandlung von Fuß- und Beinverletzungen, Selbstverteidigung, Handschellenbefreiung und Fallen bauen. Gerade das Fallenbauen erforderte viel Geschick, Kraft und präzises Denken. Sicher, ich könnte jetzt kein Kleintier mit meiner selbsterrichteten Falle erlegen. Aber zumindest vielleicht dessen Anerkennung gewinnen.
So neigte sich auch der zweite Tag allmählich dem Ende und das Survival Training war erfolgreich absolviert. Ich kann diesen Kurs (und Ronny sowieso) auf jeden Fall allen weiterempfehlen. Ich bin selten so motiviert und gepusht in einen Montag gestartet. Wenn man nämlich einmal mit seinen eigenen Händen eine Unterkunft gebaut hat (die auch hielt) und dort eine Nacht verbracht hat, dann relativiert das die Bedeutung so mancher Excel-Tabelle im Büroalltag.
Deutschland hat aber nicht nur Thüringen zu bieten – hier habt ihr weitere Eindrücke.
Survival-Training konzentriert sich darauf, Menschen die notwendigen Fähigkeiten beizubringen, um in extremen Umgebungen zu überleben, sei es in der Wildnis oder in Notsituationen. Beispiele sind:
1. Feuer machen
2. Nahrungsbeschaffung
3. Wassergewinnung
4. Orientierung
5. Unterkunftsbau
6. Erste Hilfe
7. Überlebenspsychologie
8. Werkzeug- und Messerkunde
9. Selbstverteidigung
Survival bedeutet Überleben.
Insgesamt kann man sagen, dass Survival darauf abzielt, in Notsituationen zu überleben, während Bushcraft eine breitere Palette von Fertigkeiten umfasst, die darauf abzielen, ein umfassendes Verständnis und eine tiefe Verbindung zur Natur zu entwickeln.