Warschau – Ein Wochenendtrip in die Hauptstadt Polens
Feiertage sind schon was Feines. Man ehrt Heilige, macht sich der Geschichte bewusst und hat vor allem frei. Legt man seine Urlaubstage auch noch geschickt, so hat man sogar viel frei und kann einen schönen Städtetrip machen. Wie wir über ein verlängertes Wochenende nach Polen und die Hauptstadt Warschau.
Angekommen am Flughafen ging es direkt zur Bushaltestelle und dem Bus Richtung Zentrum. Für umgerechnet ca. 1,10 € pro Person für die Fahrt kann man echt nicht meckern. Nach einer guten halben Stunde sind wir dann auch quasi direkt vor unserem Hotel ausgestiegen. Unsere Wahl war das Novotel Warszawa Centrum. So konnten wir aufgrund der perfekten Lage alle unsere Ziele bequem zu Fuß erreichen. Obwohl wir nach unserem Geschmack nicht unbedingt das modernste Zimmer hatten, wurden wir mit dem herrlichen Ausblick (vom 26. Stockwerk) und dem sonst ordentlichen Zimmer dafür entschädigt. Ein kleiner Tipp an dieser Stelle: Das Frühstück kann im Hotel gespart werden. Stattdessen gibt es in der Umgebung zahlreiche Cafés, wo man ausgiebig günstiger frühstücken kann. Dennoch bekommt das Hotel von uns eine absolute Empfehlung und wir würden jederzeit wieder dort einkehren.
Der Check-In war so früh am Tage noch nicht möglich, so dass wir unsere Rucksäcke im Hotel einlagerten und uns zu unserer ersten Sehenswürdigkeit begaben. Mit dem Wetter hatten wir bisschen Pech. Regen und Wind waren unsere ständigen Begleiter. Der Stimmung tat es aber keinen Abbruch. Dieses verregnete Wetter passte vielmehr und schuf eine ansprechende Atmosphäre vor dem geschichtlichen Hintergrund dieser stark gebeutelten Stadt. Jedes aufgenommene Bild hatte man gleich als Schwarz/ Weiß-Fotographie vor dem inneren Auge.
Wir wanderten also unabhängig von Wind und Wetter Richtung Altstadt und dem Schlossplatz. Für einen schönen Blick auf den Schlossplatz und das Königsschloss lohnt sich der Aufstieg auf die Aussichtsplattform (Taras Widokowy) auf dem Turm der St.-Annen-Kirche. Dabei sollte man sich als Besucher nochmals bewusst machen, dass fast alle Gebäude, auf die man blickt, nach dem zweiten Weltkrieg neu aufgebaut worden sind.
Das Zentrum der Altstadt bildet der Marktplatz (Rynek Starego Miasta) mit der Statue der Warschauer Seejungfer. Tolle Gebäude und verschiedene Lokalitäten zum Geld ausgeben finden sich da reichlich. Auch die Touristeninfo ist dort zu finden. Wir schlenderten durch die Gassen und suchten uns ein Café zum Auswärmen und Trocknen. Das Green Caffe Nero wurde unsere Wahl im ältesten Kaffeehaus Warschaus – südlich des Schlossplatzes gegenüber der Carmelite Church.
Gestärkt ging es südwärts auf dem Warschauer Königsweg entlang Richtung Nationalmuseum. Der Königsweg ist eine Repräsentationsstraße mit vielen Sehenswürdigkeiten, wie Palästen, Kirchen, Denkmälern und weiteren wichtigen Gebäuden. Wir schlenderten also auf einem Abschnitt von ca. 2 km auf der Krakowskie Przedmieście – auch als Flaniermeile bekannt. Sehr edel und lohnenswert.
Vor dem Nationalmuseum begnügten wir uns mit ein paar Fotos und erkundschafteten die Umgebung für unser Abendprogramm. Später mehr dazu. Anschließend ging es ins Hotel zur kurzen Erholung (das Einchecken war mittlerweile möglich). Danach machten wir einen Abstecher ins nahegelegene Einkaufszentrum Złote Tarasy. Zum anstehenden Abendessen wollten wir in einem polnischen Restaurant verweilen, welches wir uns bereits vor der Reise ausgeguckt hatten. Das Zapiecek sollte es sein. Leider waren wir nicht die einzigen, die auf diese Idee zu kamen schienen und so erblickten wir bereits von Weitem eine lange Schlange vor den Türen zum Restaurant.
Dem wollten wir uns aber nicht anschließen und so zogen wir weiter auf die Nowy Świat und erreichten nach ein paar Minuten ein weiteres polnisches Restaurant. Das Dawne Smaki. Wir fanden diesmal keine Schlange vor, wurden aber etwas kühl angewiesen zu warten, da ohne vorherige Reservierung kein Tisch zur Verfügung stehen würde. Der Manager würde uns schon berichten, wann wir einen Tisch bekommen könnten und wir sollten doch solange im Eingangsbereich warten. Also warteten wir ein paar Minuten (draußen umherirren hielten wir jetzt für nicht sinnvoll). Der Manager teilte uns daraufhin mit, dass in ca. 10 Minuten Tische frei würden (mittlerweile gesellte sich ein asiatisches Trio zu uns). Um die Wartezeit bequemer zu machen, gab es noch einen kleinen Likör. Das nenne ich Service! Anschließend wurden wir zu unserem Tisch geführt und hatten ein Super-Essen, eine Super-Bedienung und eine Super-Atmosphäre. Pep Guardiola hätte es nicht besser sagen können.
Den vorläufigen Abschluss dieses Abends bot dann ein Live-Klavierkonzert im Chopin Salon. Eigentlich ein Hotel, werden dort in einem separaten Raum täglich abends Klavierkonzerte angeboten. Für umgerechnet ca. 12,50 € bekommt der geneigte Zuhörer klassische Musik von bekannten Komponisten, darunter natürlich Werke von Frédéric Chopin, geboten. An diesem Abend spielte Wonjoo Baek 45 Minuten für uns. Dazu gab es Wein und Kuchen. Mit uns waren 12 Leute in diesem Raum und es war ein wahrer Genuss sich der Musik in dieser intimen Atmosphäre hinzugeben. Absolute Empfehlung (vorherige Reservierung per Mail empfehlenswert).
Den sprichwörtlichen „Höhepunkt“ des ersten (von zwei Tagen) in Warschau bot das 31. Stockwerk unseres Hotels mit einem überragenden Blick auf die Skyline Warschaus. Aus dem Wellnessbereich im obersten Stock konnten wir eine tolle Aussicht auf das Zentrum Warschaus werfen – für lau.
Der nächste Tag begann mit dem besagten Frühstück in einem Cafè direkt am Hotel, wo wir uns für den anstehenden Tag stärkten. Vor der Abreise buchten wir nämlich eine Bustour durch Warschau und um 10:00 Uhr war Abfahrt vor dem Hard Rock Cafe direkt am Einkaufscenter Zlote Tarasy.
Die Nysa Bus Tour buchten wir bei Adventure Warsaw und unser Führer für diesen Tag war Pawel. Aufgrund der starken Nachfrage wurden wir die nächsten vier Stunden in zwei dieser authentischen Busse rumgefahren. Pro Bus fanden sieben Personen exklusive des Fahrers Platz. Unsere Gruppe setzte sich aus Deutschen, Japanern, Österreichern, Polen und Briten zusammen. Schwerpunkt dieser Tour waren natürlich die jüdischen Ghettos und die geschichtlichen Ereignisse rund um den 2. Weltkrieg sowie Flecken der Stadt abseits des Haupttourismus.
Nach kurzen Stopps rund ums Zentrum ging es dann auf die andere Uferseite der Stadt Richtung Nordosten (Praga-Süd und -Nord). Laut unserem Führer in die „polnischen Favelas“. Unsere erste Station war eine sehr gelungene Ausstellung „Polen während der Sowjetzeit“ in einem Altbau im Hinterhof. Dazu gab es eine Runde Wodka. Gott sei Dank gab es auch Limo zum Nachtrinken (wie es sich nun mal beim Wodkatrinken gehört).Gürkchen zum Nachbeißen gab es zwar nicht, aber ich will jetzt nicht kleinlich sein.
Die Tour ging weiter und wir bekamen einen Rundgang zu Fuß durch Hinterhöfe geboten, wurden mit Essen versorgt, kamen am Jüdischen Museum mit dem ersten Denkmal nach dem 2. Weltkrieg vorbei, bekamen das „Haus des Terrors“ zu sehen und den Ort des letzten Widerstands. Alle Stationen wurden mit interessanten (und teilweise mit erschreckend/ beeindruckenden) Information unterlegt.
Ohne jetzt jeden Schritt dieser Tour zu beschreiben und Dinge vorweg zu nehmen, sei an dieser Stelle diese Ausflugsmöglichkeit wärmstens empfohlen. Die Organisation war reibungslos und unser Führer Pawel war einfach perfekt. Man konnte ihm die Leidenschaft und die Verbundenheit mit seiner Geburtsstadt deutlich anmerken und diese Faszination sprang auch auf die Teilnehmer der Tour über. Trotz des schlechten Wetters. Ein ganz großes Lob und Dank hierfür.
Nach der Tour (Ausstieg war wieder das Hard Rock Cafe) ging es zu Fuß zu einem etwas schwer zu findenden Überbleibsel des Jüdischen Ghettos (The Ghetto Wall and Jewish Heritage). Einer Mauer, die als Grenze fungierte. Im Hinterhof gelegen, und für uns nur durch die Hilfe eines Einheimischen zu finden, stellen diese Überreste einen weiteren Beweis der schlimmen Geschichte der Stadt Warschaus dar.
Wir zogen weiter zur Straße Emilii Plater 7. Dort findet sich ein auf den ersten Blick unscheinbares Gebäude. Es wurde uns während der Bustour gezeigt. Aufgrund von mangelnder Parkmöglichkeiten konnten wir es uns nicht genauer ansehen und so liefen wir entspannt nach der Tour zu zweit dahin. Das Gebäude ist ein Zeugnis der Straßenkämpfe und der nahen Lage der Fronten. Das Haus ist mit Einschusslöchern übersät. Ein beklemmender Anblick.
Endlich war die Zeit gekommen uns den Kultur- und Wissenschaftspalast genauer anzusehen. Das bis heute größte Gebäude Polens war ein Geschenk Stalins nach dem 2. Weltkrieg an die Polen und ist eher bei den Einheimischen unbeliebt, da es als Zeichen der Unterdrückung gesehen wird. Nichtsdestotrotz bietet dieses Gebäude für den Besucher Warschaus einen beeindruckenden Anblick. Wir sparten uns zwar die Aussichtsplattform (unser Hotel war für uns da ausreichend), warfen aber einen Blick ins Gebäude, welches Theater, Museen, Kinos, Restaurants und einiges mehr beherbergt. Ein beeindruckender Bau und sowas wie der Startschuss zum Wiederaufbau Warschaus.
Eine weitere Sehenswürdigkeit wollten wir uns ansehen, bevor wir den Tag beim Abendessen ausklingen lassen konnten. Einem Tipp von Pawel folgend, machten wir uns auf die Suche nach der letzten Ruhestätte von Frédéric Chopin bzw. seines Herzens. Nach Chopins Tod wurde sein Herz in Cognac eingelegt und von seiner Schwester heimlich nach Warschau geschmuggelt. In einer Säule in der Heilig-Kreuz Kirche am Warschauer Königsweg lässt sich der Standort finden. Als wir die Kirche betraten und uns mitten im Gottesdienst wiederfanden, war ich froh als aus der Kirche Ausgetretener nicht in Feuer aufgegangen zu sein. Wir warteten bedächtig aufs Ende und knipsten dann unser Foto.
Für den Abend hatten wir uns zwar ein paar Alternativen zurechtgelegt, wollten es aber dennoch nochmals beim Restaurant Zapiecek versuchen. Diesmal hatten wir ein besseres Timing und bekamen sofort einen Tisch. Keine fünf Minuten später entstand wieder eine Schlange bis zum Bürgersteig. Alles richtig gemacht. Ohne im Detail auf die Speisekarte einzugehen (Pierogi, Eintopf, Bier und Schnaps wurden selbstverständlich vernichtet), war das ein toller Abend und ein würdiger Abschluss unseres Aufenthalts in Warschau. Sehr leckeres und deftiges Essen. Schöne Variation an Getränken und ein toller Service sorgten für eine Wohlfühlatmosphäre.
Am nächsten Tag ging es ganz entspannt mit dem Bus wieder zurück zum Flughafen und nach Hause. Es war ein kurzer, dafür aber umso intensiver Trip in die Hauptstadt Polens und wir flogen entspannt zurück. Mit dem Gefühl wieder ein Fleckchen auf diesem Planeten erkundschaftet zu haben.